All that is solid...
16. September bis 30. Oktober 2021 ⟶ Galerie
“All that is solid…”
16. September – 30. Oktober 2021
Eröffnung: 15. September, 18 – 21 Uhr
Gesonderte Öffnungszeiten während des Gallery Weekends:
Freitag - Sonntag 12 - 20 Uhr
Gesonderte Öffnungszeiten während des Gallery Weekends:
Freitag - Sonntag 12 - 20 Uhr
Teilnehmende KünstlerInnen:
Birte Bosse / Nadine Fecht / Birgit Hölmer / Georges Noël / Robert Schad
Birte Bosse / Nadine Fecht / Birgit Hölmer / Georges Noël / Robert Schad
Invited by Ludwig Seyfarth: Jeongmoon Choi / DAG / Ignacio Uriarte
Die Sechs Vorschläge für das nächste Jahrtausend, die der italienische Schriftsteller Italo Calvino 1985 formulierte, sind ein Plädoyer für die intellektuelle und anschauliche Kraft der Kunst und ihre Fähigkeit, die Welt in immer neuen materiellen Qualitäten, gleichsam in Aggregatzuständen, zu beschreiben. So beobachtet Calvino „zwei gegensätzliche Bestrebungen,“ die „einander das Feld der Literatur durch die Jahrhunderte hindurch streitig machen. Die eine sucht aus der Sprache ein gewichtsloses Element zu machen, das über den Dingen schwebt wie eine Wolke oder besser gesagt wie ein feiner Staub oder noch besser wie ein Feld von Magnetimpulsen; die andere ist darauf aus, der Sprache das Gewicht, die Dichte und die Konkretheit der Dinge zu geben, die Konsistenz der Körper und Empfindungen.“[1]
Was Calvino für die Literatur beschreibt, lässt sich unmittelbar auf die Bildende Kunst übertragen. Ein Spektrum von Erdenschwere bis zu luzider Leichtigkeit findet sich auch in der Ausstellung “All that is solid...“, die Werke acht verschiedener Künstler*innen aus unterschiedlichen Generationen gegenüberstellt. Ausgangspunkt bilden die von gestischen Spuren und Zeichen geprägten Werke von Georges Noël, einem zentralen Vertreter des französischen Informel, der selbst äußerte: „Es geht darum, alles Materielle ins Immaterielle zu verwandeln.“ Und schon aus wenigen Strichen kann ein Raum entstehen. So bezeichnet der Zeichner und Bildhauer Robert Schad seine Stahlskulpturen als „plastische Notationen“. Als Zeichnungen im Raum lassen sich auch die humorvollen Objekte lesen, die Birte Bosse in ein labiles Gleichgewicht zwischen Leichtigkeit und Schwere bringt. Eine Spannung zwischen organischen und geometrischen Formen kennzeichnet das „Zeichnen“ bei Birgit Hölmer, für das sie auch Prägungen oder Klebestreifen einsetzt. Bei DAG wird das strenge Verfolgen geometrischer Raster immer wieder von Störungen durchkreuzt, die wie biologische Lebenszeichen in einem technischen Universum erscheinen. Ignacio Uriarte nutzt ein technisches Gerät, die Schreibmaschine, um ihr ungeahnte bildnerische Möglichkeiten zu entlocken. Zeile für Zeile geht auch Nadine Fecht vor, wenn sie einzelne Worte oder Sätze iterativ niederschreibt und daraus Zeichnungen werden, die aus der Distanz Flimmereffekte fast wie bei der Op Art erzeugen. Vor unseren Augen flimmern auch die farbigen Fäden, die Jeongmoon Choi sowohl zu Bildobjekten als auch durch ganze Räume spannt, wo sie geheimnisvoll und scheinbar entmaterialisiert in Schwarzlicht leuchten. (Text: Ludwig Seyfarth)
[1] Italo Calvino, Sechs Vorschläge für das nächste Jahrtausend. Harvard-Vorlesungen. Aus dem Italienischen von Burkhard Kroeber, München 1991, S. 31.