Galerie

Georg Nothelfer

Britta Lumer. Der Moment

22. April bis 17. Juni 2023 ⟶ Showroom

Installatiosansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer. Britta Lumer, zweiteilige Arbeit, ohne Titel, 2021, Kohle auf Papier, 240 x 100 / 240 x 140 cm
Britta Lumer. Der Moment
Installatiosansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer. Britta Lumer, zweiteilige Arbeit, ohne Titel, 2021, Kohle auf Papier, 240 x 100 / 240 x 140 cm
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
Britta Lumer. Der Moment
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
Cochlea, 2023, Wasserfarbe, Tinte und Kohle auf Papier, 86,5 x 86,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Britta Lumer. Der Moment
Cochlea, 2023, Wasserfarbe, Tinte und Kohle auf Papier, 86,5 x 86,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Die Helle, 2023, Tinte und Kohle auf Papier, 109,5 x 86 cm. Foto: Eric Tschernow
Britta Lumer. Der Moment
Die Helle, 2023, Tinte und Kohle auf Papier, 109,5 x 86 cm. Foto: Eric Tschernow
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
Britta Lumer. Der Moment
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
Umdenken, 2022, Keramikskulptur, 48 x 12,5 x 18 cm. Foto: Eric Tschernow
Britta Lumer. Der Moment
Umdenken, 2022, Keramikskulptur, 48 x 12,5 x 18 cm. Foto: Eric Tschernow
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
Britta Lumer. Der Moment
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
angry bird, 2022, Keramikskulptur, 36,5 x 26 x 16,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Britta Lumer. Der Moment
angry bird, 2022, Keramikskulptur, 36,5 x 26 x 16,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Installatiosansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer. Britta Lumer, Fragile, 2019, Tinte, Kohle auf Papier, 100 x 70 cm. 
Britta Lumer. Der Moment
Installatiosansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer. Britta Lumer, Fragile, 2019, Tinte, Kohle auf Papier, 100 x 70 cm. 
Britta Lumer, Der Moment, 2023, Tusche und Kohle auf Papier, 114 x 82,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Britta Lumer. Der Moment
Britta Lumer, Der Moment, 2023, Tusche und Kohle auf Papier, 114 x 82,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
Britta Lumer. Der Moment
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
Flying, 2023, Tinte und Kohle auf Papier, 114 x 82,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Britta Lumer. Der Moment
Flying, 2023, Tinte und Kohle auf Papier, 114 x 82,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer. Britta Lumer, Cubist 08.2022, Keramikskulptur, 31,7 x 24,2 x 23,5 cm
Britta Lumer. Der Moment
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer. Britta Lumer, Cubist 08.2022, Keramikskulptur, 31,7 x 24,2 x 23,5 cm
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
Britta Lumer. Der Moment
Installationsansicht Showroom Galerie Georg Nothelfer
Hatch, 2023, Tinte und Kohle auf Papier, 103 x 86,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Britta Lumer. Der Moment
Hatch, 2023, Tinte und Kohle auf Papier, 103 x 86,5 cm. Foto: Eric Tschernow
Eröffnung: 22. April, 16 - 20 Uhr

Sonderöffnungszeiten während des Gallery Weekend
Freitag - Sonntag, 11 - 19 Uhr
 
Die Galerie Georg Nothelfer freut sich, die erste Einzelausstellung der Künstlerin Britta Lumer im Showroom in der Grolmanstraße 28 zu zeigen. Anlässlich der Ausstellung erscheint das Booklet mit dem Titel "This Moment".
 
Formal gesehen besteht der Unterschied zwischen einem Porträt und einer Landschaft darin, dass ein Porträt Energie verdichtet und eine Landschaft sie zerstreut. Britta Lumers Oeuvre reicht von Selbstporträts bis hin zu Wolkenstudien, aber in ihren neuen Arbeiten sehen wir eine Art Begegnung zwischen den beiden: wie eine menschliche Figur, isoliert und über die Zeit hinweg, zu etwas Unscharfem und Unbeständigem wird, das sich in alle Richtungen auflöst, während sie gleichzeitig innerhalb eines einzigen Bildes erhalten bleibt, wie in den 24 Frames, die eine Filmsekunde in einem durchscheinenden Stapel ausmachen. 
Diese Überschneidung von Abstraktion und menschlicher Figur ist eine besonders wirkungsvolle Stelle, um die Verletzlichkeit und die Angst vor der Existenz als Individuum in einer entfremdeten Welt zu beschreiben. Lumer erzählte mir, dass sie gerne auf Papier arbeitet, weil es auf eine sehr menschliche und nachvollziehbare Weise zerbrechlich ist, und mit Tusche und Kohle, weil sie dir im Gegensatz zu Öl nicht erlauben, auf dich selbst zurück zu gehen, den ursprünglichen Impuls zu löschen oder zu verändern. Bei Tusche oder Kohle besteht die einzige Möglichkeit darin, tiefer ins Schwarz zu gehen". Außerdem dringt Tusche anders in das Papier ein als Aquarellfarbe, und wenn sie einmal getrocknet ist, kann nichts sie mehr entfernen, sie ist aggressiv. Man könnte also sagen, dass diesen Materialien eine unvermeidliche Ehrlichkeit innewohnt. Sie halten die menschliche Existenz mit all ihren Zögerlichkeiten und Ausbrüchen von Mut und Sehnsucht fest, so wie ein Lügendetektor eine wackelige Linie aus Puls und Blutdruck zieht. Es ist nicht möglich, sich in ihnen zu verstecken. 
 
 In ihren früheren Arbeiten ging Lumer oft von persönlichen Fotografien aus, in denen sie die Gebäude oder Menschen - häufig sich selbst - akribisch wiedergab, ohne deren Umfeld. Fotografie ist voller Entfremdung, sowohl körperlich als auch zeitlich. Wenn man ein Foto betrachtet, kann es schwierig sein, sich selbst oder die Szene wiederzuerkennen, weil sie stilisiert und verflacht wurden. In der heutigen Selfie-Kultur wird das menschliche Subjekt vielleicht mehr denn je auf sein fotografisches Porträt reduziert, so falsch es auch ist. Aber in diesen Zeichnungen, die etwa ein Jahrzehnt vor dem Konzept des Selfies entstanden sind, verschärft Lumer diese fremde Qualität, um zu sehen, was von der Besonderheit eines Subjekts, seiner Wahrheit, gerettet werden kann, so wie man versucht, einen Schatten vor der Sonne zu retten. 
 Vielleicht können wir die neuen Porträts ähnlich verstehen, als Versuche, etwas näher an der Realität zu zeigen, etwas Ehrlicheres, nur dass sie dies nicht durch Stilisierung erreicht, sondern durch ein kompliziertes Zusammenspiel von Licht, Bewegung und Figur. Sie schnitzt ein Gesicht heraus, so wie aus einer ihrer früheren Wolkenstudien, indem sie dem Gestöber aus Holzkohle feine schwarze Linien hinzufügt, die teilweise verwischt und abgeschliffen sind, um dem Chaos der Gegenwart eine gewisse Definition zu geben. In diesem Sinne sind Lumers Bilder Porträts der turbulenten Kreuzung zwischen Sein und Zeit, oder, wie der Titel der Ausstellung besagt, vom Moment. Sie zeigt die Gegenwart als einen Sturm, in dem wir uns verlieren, in dem es aber möglich ist, ein Paar Augen zu finden – einen, wie auch immer unbeständigen, Sinn für uns selbst - der uns hindurchführt. Ich mag die Vorstellung von einem Schutzraum", sagte sie, "aber selbst wenn wir glauben, ihn gefunden zu haben, ist er voller Angst, ihn wieder zu verlieren oder davor, dass er zu eng wird". Hier ist das Selbst, ungeschützt. Was es normalerweise zusammenhält, ist der Kontext; der vereinheitlichende Blick der anderen, der Rahmen, den Kleidung, Möbel, Architektur, Landschaft bieten. In Lumers neuesten Arbeiten ist es allein, und doch, wie wir sehen, überlebt es. 

Text: Kristian Vistrup Madsen, 2023/ Übersetzung aus dem englischen Original von Wolfgang Betke

BRITTA LUMER
Geboren 1965 in Frankfurt/M., lebt und arbeitet in Berlin. 2022 Nominierung für Marianne-Werefkin-Preis.
Ihre Arbeiten befinden sich in zahlreichen öffentlichen Sammlungen, dem SMB Kupferstichkabinett, Berlin, SKD Kupferstichkabinett Dresden, Kunstsammlungen Chemnitz, Agnes Gund Foundation NYC, Sammlung Deutsche Bank etc. Sie schloss 1996 mit einem M.F.A., der Städelschule bei Per Kirkeby ab.
 

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