Robert Schad. Stahltanz
3. November bis 15. Dezember 2012 ⟶ Corneliusstraße
Robert Schads Skulpturen erschließen Polaritäten – und die Bewegung im Dazwischen: Leichtigkeit und Schwere, Mobilität und Still; Material und Transparenz, Idee und Körper, Konstruktion und Emotion. Schon der Titel der Ausstellung Stahl-Tanz bringt ja auch ganz Gegensätzliches zusammen. Im Vierkant-Baustahl, in hier in verschiedenen Maßen, hat er sein Material gefunden, mit dem er – fast im Paradox – Rhythmus, Körper, Subjektivität dem Raum einschreibt. Der Stahl wird zur Handschrift, zur Bewegungslinie, zur Zeichnung im Raum. Tänzerisch oder explosiv, voller Energie nehmen die Skulpturen Raum in Besitz, laden in auf, verwandeln ihn. Ganz ohne Rückgriff auf Anthropomorphisches und ihrer abstrakten Gestalt zum Trotz sind die Skulpturen in einem eigenwilligen Sinn voll Lebendigkeit, ein Aufschießen, Lagern, Schweben. Wie beim menschlichen Körper/das erste Handwerkszeug des Menschen wird auch hier durch Gelenke Bewegung erst möglich. In vielseitig gerichteter Dynamik erkunden, erproben die Lineamente den Raum, in Richtungswechseln, in Stockungen, im erneuten Erstrecken. Dabei sind die Ausgangs- und Endpunkte nie festgezurrt, die Linien greifen frei in die Umgebung aus, machen die potentielle Unbegrenztheit erfahrbar. Die Skulptur endet nicht dort, wo sie aufhört, ihre Offenheit lässt sie sich selbst in den Raum fortschreiben, gibt im Prozess der Wahrnehmung immer neue Facetten ihrer selbst zu sehen. Es gibt in den Skulpturen dichte Ereigniszentren, gespannte Passagen, gelassenes Fließen. Der Gegensatz zwischen Abstraktion und humaner Fülle ist kennzeichnend für die Arbeiten Robert Schad, er wird in den Skulpturen ausbalanciert und bewusst. Es geht also nicht um schlackenlose Raumsignaturen, die Skulpturen sind Persönlichkeit, Geist, Emotion. Es sind bewegliche und bewegende Strukturen im Raum, wie ein Tanz, wie eine Partitur, im Crescendo/Decrescendo, in Motiven und Variationen geben sie die Form der Zeit. Die Figuren, Felder, Knoten scheinen die für die Skulpturen konstitutive Bewegungsenergie zu sammeln, zu konzentrieren und durch diesen Prozess der Verdichtung wieder in den Raum auszuströmen. Damit löst sich auch die Identität von Skulptur und Volumen. Raum ist nun nicht mehr das Jenseitige der Skulptur, sondern wird von ihr inkorporiert, konstituierender Bestandteil. Im Aneinanderfügen, im Öffnen und Schließen, im Spiel zwischen Fülle und Leere, Grazilität und Masse erreicht Robert Schad immer neue Ausdrucksqualitäten, die den jeweiligen Raum erst eigentlich zum Ort wandeln. Dabei ist das Material immer auch Partner, mit Eigenleben und Eigenwilligkeit, auch der Herstellungsprozess folgt also einem dialogischen Prinzip, den vom Künstler gelenkten Stahlstäben ist immer auch die Energie des Machens abzuspüren. Energieströme im Raum – und bleiben gerade dadurch immer auf den Menschen bezogen. Die latente Raumenergie korrespondiert dem Tanz – Bühne: Dabei ist der Tanz die flüchtigste der Künste, ist ephemere, bewegte Raumkunst und jeder Tanz ist Realisierung. Der ganze Mensch ist an der Aneignung, Vermittlung, Übertragung von Bewegungen beteiligt. Diese bewegte Beweglichkeit ist auch kennzeichnend für die Zeichnungen des Künstler, für ihn sind Skulptur und Zeichnung wie Geschwister, mit ihrer je eigentümlichen Individualität und Ausdrucksstärke. Geste und Schwung wird in der Zeichnung Form und Zeichen. (Text: Dr. Dorothée Bauerle-Willert)