Walter Stöhrer. Intrapsychischer Realismus
10. November bis 14. Dezember 2019 ⟶ Corneliusstraße
"Der Umwandlungsvorgang des Malens nimmt die ganze Kraft des Hirns und des Körpers in Anspruch. Ich verändere, wenn ich arbeite; ich verändere mich. Figuren wiederholen sich wie die Zeichen eines Alphabets, sie werden von Landschaften umgeben und widerstehen ihnen. Das Bild ist eine Haut, die ich abstoße, die Zeichnung von innen und von außen. Ich muss sie präzise mit Hand und Kopf wie etwas Lebendiges ins Bild bringen." Mit Konvulsion, Zuckungs- oder Schüttelkrampf benannte Stöhrer selbst seine Arbeit, seinen Kampf um den ihm eigenen Kunstausdruck, der ihn schon in jungen Jahren nicht nur einmal mit Erschöpfungszuständen in die Klinik zwang. Seine sehr persönliche, emotionsgeladene künstlerische Vorgehensweise definierte er als "intrapsychischen Realismus". Diese Bildwerdung macht es auch so schwierig Walter Stöhrers Werke zu "erklären". Auf den großen Leinwänden gibt es auf den ersten Blick wenig, woran der Betrachter sich inhaltlich orientieren könnte. Literarische Texte - besonders antike Philosophen und französische Surrealisten -, aber auch musikalische Ideen lieferten ihm oftmals Anregungen für seine malerischen und grafischen Arbeiten. Hier fand er eigene innere Erfahrungen wieder. Er verwendete Textfragmente als Arbeitstitel für seinen Malprozess und schrieb sie meist auch als erstes auf die Leinwand. Oft erhielt das fertige Bild, wenn es sich im Prozess des Malens vom Arbeitstitel entfernt hatte, einen anderen Titel, der genauer dem entsprach, "was optisch ablesbar ist". Es ist hinlänglich bekannt, dass wir die Dinge nicht sehen, wie sie sind, sondern so, wie wir sind. Stöhrer sagte es schöner und malte es ausdrucksvoller: "Und die Geschichte ringsrum belegt jeder von uns mit seinen eigenen Verzerrungen".