Emil Schumacher. Bilder und Gouachen
14. September bis 26. Oktober 2019 ⟶ Corneliusstraße
Emil Schumachers Malerei zeichnet sich durch eine physisch-sinnliche Präsenz von Farbe und Materie aus der sich der Betrachter kaum zu entziehen vermag. Die Ölfarben, leuchtende Gelb-, Rot- und Blautöne oder erdig-schmutzige Grau-, Braun- und Schwarztöne, werden pastos auf die Leinwand, die Holzplatte oder das Papier aufgetragen. Es entstehen eruptive Kompositionen mit einander überlagernden Schichten, in welchen die Farbe zu gerinnen scheint, Schlieren zieht, Inseln bildet, Schollen aufwirft. Die sichtbare Oberfläche ist bei Schumacher stets Resultat eines langwierigen Schaffensprozesses, in dessen Verlauf das Bild vielfältige Metamorphosen erlebt. Dabei sind die Offenlegung des Entstehungsvorgangs und seine visuelle Nachvollziehbarkeit seitens des Betrachters Grundanliegen des Künstlers. Was ihn an den Farben reizt, sind ihre sinnliche Wirkung und ihre haptischen Qualitäten: „ Ich nehme eine Farbe, wie ich in einen Apfel beiße oder einem Freund die Hand gebe“ (1957). Gleiches gilt für ungewohnte, das heißt „kunstfremde“ Materialien – seien es Erde, Sand, Steine, Moos, Sisalfasern, Kartoffelkraut, Textilien, Holz, Papier, Haare, Glas, Blech, Maschendraht, Asphaltklumpen oder getrocknete Früchte, deren experimenteller und auch spielerischer Einsatz die bildnerische Neugier und Phantasie Schumachers beflügeln. Die Linie hat gleichfalls bildkonstituierende Funktion. Sie gliedert die Oberfläche, sie grenzt Flächen ein oder aus, sie schafft positive und negative Formen. Sie faßt zusammen oder zerteilt, sie verdeckt oder gibt den Blick frei, sie verdichtet oder verflüchtigt sich, setzt Akzente, definiert im Zusammenspiel mit der Farbe und plastischen Elementen Form und Raum: „Linie, die den Raum beschreibt. Bögen, die ihn umspannen, Konturen, die ihn begrenzen“ (1972). Die Linie tritt in verschiedenen Formen in Erscheinung: Sie kann impulsiv-spontan oder auch ruhig-reflektiert ausgeführt sein, regelmäßig oder unregelmäßig verlaufen, eingeritzt oder aufgetragen sein, nervös vibrieren oder ruhig dahinfließen. Wenn Schumachers Malerei im Spätwerk verstärkt wieder Anklänge an Gegenständliches aufweist, etwa in Form von Rad-, Haus- und Treppenformen, Vogel- oder anderen Tiermotiven oder ganz allgemein durch Assoziationen an Landschaftliches, Kreatürliches oder Dingliches, so liegt das vor allem an der Linie. (Text: Hans Gercke)